Das Bauchgefühl – ganz wissenschaftlich

Es ist Fußball-WM und allerorten wird auf die Ergebnisse getippt. So was ist natürlich ein Fall für die Wissenschaft.

Es gibt Fragen, die brennen einem so unter den Nägeln, dass man sich fragt, warum sie noch nie beantwortet worden sind. Wahrscheinlich weil sie noch nie gefragt worden.

Wirtschaftswissenschaftler der Technischen Universität Kaiserslautern sind nun mit einer Studie der Frage nachgegangen, warum bei Tippspielen zur Fußball-WM die „Experten mit Bauchgefühl“ am besten abschneiden.

Und so heißt es in der Pressemitteilung der Universität:

„ Wer zieht als Gruppensieger ins Achtelfinale ein? Wie weit kommt die deutsche Mannschaft? Wer wird Weltmeister? Mit solchen Fragen beschäftigen sich derzeit unzählige Tippgemeinschaften. Das sorgt am Arbeitsplatz oder im Freundeskreis oftmals für hektische Betriebsamkeit. Aber wie landete man hierbei auf den vorderen Plätzen?

Dem Geheimnis erfolgreicher Prognosen sind Professor Dr. Volker Lingnau und sein Doktorand Till Dehne-Niemann vom Controlling-Lehrstuhl an der TUK in einer Studie auf den Grund gegangen.

Schon bei der letzten Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien haben sie dazu knapp 120 Personen in ihr Versuchslabor an der TU Kaiserslautern gebeten. Die Probanden sollten dort die Gruppenspiele voraussagen. ‚Dabei musste die eine Hälfte der Versuchspersonen bei der Abgabe der Tipps nachdenken, zum Beispiel indem sie Gründe für ihre Tipps angegeben haben‘, erläutert Professor Lingnau. Die andere Hälfte der Personen haben die Forscher hingegen angewiesen, spontan und aus dem Bauch heraus zu antworten. Zudem haben die Wissenschaftler vorab geklärt, wieviel Vorwissen bei den Probanden zum Thema Fußballwetten vorhanden war. Daraufhin haben sie die Teilnehmer in Experten und Laien eingeteilt. 

Die Ergebnisse der Forscher belegen, dass Experten, die ihr Bauchgefühl nutzten, die besten Vorhersagen trafen und damit sogar ein Prognosemodell der US-amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs übertrumpften. ‚Wir konnten statistisch signifikant zeigen, dass es besser ist, bei einer Entscheidung nicht nachzudenken, wenn man sich bei Fußballwetten gut auskennt“, betont Till Dehne-Niemann, der als Doktorand am Lehrstuhl forscht. „Hier empfiehlt es sich, auf sein Bauchgefühl zu hören. Umgekehrt sollte man aber lieber nachdenken, wenn man weniger Ahnung hat.‘

Aha. Und jetzt, liebe Wissenschaft, klärt bitte auch diese Frage: Warum fällt der Sack Reis immer in China um?

Macht TV uns klüger?

Sie gehört zu den erfolgreichsten TV-Serien aller Zeiten: Die im Jahr 2000 in den USA gestartete Krimiserie „CSI – Den Tätern auf der Spur“ faszinierte 15 Jahre ein weltweites Publikum mit wissenschaftlicher Akribie und Einsatz von HighTech bei der Tätersuche. Eine Krimiserie, bei der die Zuschauer was lernen konnten – allerdings eher Dinge, von denen man nicht hofft, dass sie der Nachbar umsetzt. Aber immerhin wäre der Beweis angetreten, dass Fernsehen bildet.

Zumindest glauben das amerikanische Kriminologen und gaben diesem Lern-Effekt gaben Namen: CSI-Effekt. Von diesem Effekt wird seit dem Start der Serie in der Rechtswissenschaft der USA gesprochen, wenn die Auswirkungen kriminologischer Fernsehserien auf das Verhalten sowohl von Geschworenen als auch Verbrechern untersucht werden.

Meint, dass zum Beispiel Geschworene an US-Gerichten seit „CSI“ verstärkt auf forensische Beweise pochen und beim Fehlen ebendieser eher geneigt sind, Angeklagte für unschuldig zu befinden, oder aber, wenn die Beweise gegen den Angeklagten sprechen, ihn unter Missachtung weiterer Umstände schuldig sprechen.

Nach einigen Urteilen, die sich scheinbar auf ein derartiges Verhalten zurückführen ließen, sind viele US-Staatsanwälte inzwischen dazu übergegangen, Geschworene abzulehnen, die sich als Fans von „CSI: Den Tätern auf der Spur“ outen.

Alles Unsinn, wie jetzt ein Psychologen-Team der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) um Prof. Dr. Heiko Hecht herausgefunden hat: Mithilfe einer experimentellen Untersuchung wiesen die Forscher nach, dass zwischen dem Anschauen von forensischen Serien und den Fähigkeiten, ein Verbrechen zu begehen, kein Zusammenhang besteht.

Und so ging das Team vor: Zunächst haben sich die Psychologen Statistiken aus den Datenbanken von BKA und FBI angeschaut und die Rate der Verbrechensaufklärung in den Jahren vor dem Start von „CSI“ mit der Rate danach verglichen. Dann wurden 24 verurteilte Kriminelle in Gefängnissen nach ihrer Meinung zu Serien wie „CSI“ befragt und danach, ob sie solche Serien für hilfreich erachten, um einer Strafverfolgung zu entgehen. In einem dritten Schritt entwickelten die Wissenschaftler eine aufwendige Versuchsanordnung, um herauszufinden, ob die Zuschauer von „CSI“-Serien tatsächlich besser darin sind, bei einem gefakten Verbrechen die Spuren zu verwischen. Dieses Ziel verfolgten die Wissenschaftler auch mit dem vierten Versuchsteil, wobei hier das Verbrechen mithilfe eines Puppenhauses nachgespielt wurde.

Ergebnis: Insgesamt zeigte sich, dass zwischen dem Konsum von forensischen Serien und den Fähigkeiten, ein Verbrechen zu begehen, kein Zusammenhang besteht. Allerdings schnitten die Männer im vierten Versuchsteil bei ihrer Aufgabe besser ab als Frauen, jüngere Teilnehmer besser als ältere und höher gebildete besser als weniger gebildete Probanden.
Versuchspersonen aus technischen Berufen, vorwiegend Männer, scheinen bei der Verbrechensvertuschung auch gewisse Vorteile zu haben.

Also: Fernsehen lehrt uns nichts. Was ja manchmal auch ganz gut ist.